Berge und Stollen im Wallis

Nachdem ich schon länger die Wettervorhersage der Schweiz hinsichtlich einer spätherbstlichen Bergtour beobachtet hatte, war es Anfang November soweit und Max und ich machen uns spontan bei unwiderstehlich gutem Wetter für ein Wochenende in die Alpen auf. Geplant ist die Besteigung des sogenannten höchsten Wanderdreitausenders der Alpen, das Barrhorn (3610m) in der Südschweiz. Natürlich soll das Zelt mit dabei sein, die Berghütten haben zu dieser späten Jahreszeit sowieso nicht mehr geöffnet. Zwar sollte sich bald herausstellen, dass wir für das Barrhorn zeitlich etwas zu knapp geplant hatten. Zudem lag doch schon mehr Schnee als erwartet. Dafür ereignete sich auf dieser Tour ein anderes Highlight: Wir kamen an einem alten verlassenen Bergwerk vorbei, welches offen und uneingeschränkt erforschbar war. Für die Nacht haben wir dieses sodann als Übernachtungsplatz genutzt.

Die Anfahrt erfolgt im praktischen Nachtzug nach Basel, von dort direkt weiter mit dem Zug bis nach Zinal im Wallis. Der Nachtzug hat erstens den Vorteil, dass er günstig ist, außerdem spart man einen Anreisetag und kann morgens direkt halbwegs ausgeschlafen in die Berge starten (einen Platz im Liegewagen haben wir uns allerdings natürlich nicht gegönnt). Im Zug packt Max plötzlich eine immer größer werdende Auswahl an Obst aus seinem Rucksack. Nun denn, wer viel Frischobst im Gebirge essen möchte muss auch viel tragen.

Das Bishorn mit dem Brunegggletscher.

Der Col des Arpettes.

Bei herrlichstem Kaiserwetter, wie es auch noch eine ganze Woche anhalten soll, starten wir in Zinal (1670m). Der Weg steigt zunächst steil durch einen Wald an, sodass man bei den warmen Temperaturen durchaus ins Schwitzen kommt. Schnee liegt trotz der späten Jahreszeit überhaupt keiner. Bei der Barneuza Alpage auf 2211m müssen wir uns entscheiden, ob wir den Col des Arpettes oder den Forclettapass für den Übergang ins Turtmanntal nehmen wollen. Wir entscheiden uns für den Col des Arpettes, welcher mit 3008m zwar etwas höher, aber mit einer kürzeren Strecke verbunden ist.

Der Anstieg gestaltet sich sehr schön, allerdings liegt am Aufstieg des Passes nun doch einiges an Schnee. Oben angekommen erblicken wir das erste Mal das Barrhorn, majestätisch auf der anderen Talseite thronend. Allerdings müssen wir erkennen, dass wir aufgrund des Schnees und des schweren Gepäcks länger als geplant gebraucht haben. Vermutlich würden wir es an diesem Tag nicht mehr bis zum Fuße des Barrhorns schaffen. Zudem sehen wir, dass auch der Aufstieg zum Barrhorn schon ordentlich mit Schnee bedeckt ist. Vom Gedanken an die Besteigung des Barrhorns Abschied nehmend entschließen wir uns vom Pass abzusteigen und einen Platz für das Zelt zu finden. Der Abstieg führt durch steile und rutschige Felshänge, in den weitläufigeren Ausläufern des Hangs finden wir einen passenden Zeltplatz. Kalorienreiche Trekkingmahlzeiten beenden den Tag.

Zeltplatz vor den Barrhörnern (Üssers und Inners Barrhorn).

Aus Mangel an flüssigem Wasser in der Umgebung müssen wir am nächsten Morgen zunächst Schnee schmelzen, welcher praktischerweise an sonnenabgewandten Hängen in Resten verblieben ist. Dies stellt sich als leichte Prüfung für den Kocher heraus, welcher zudem von der kräftigen Sonne unterstützt wird. Nach dem Frühstück lassen wir das eingepackte Zelt und andere nicht benötigte Utensilien zurück und machen uns auf, wenigstens einen Alternativgipfel zum Barrhorn zu erklimmen. Nach einem steilen Aufstieg finden wir uns auf einem kleinen Gipfel oberhalb des Col des Arpettes wieder. Definitiv ist er über 3000m hoch, ob er allerdings auch einen Namen trägt wissen wir nicht. Zudem darf man nicht nach Süden schauen, da dort die imposante Nordwand des Les Diablons unseren Berg bei weitem überschattet. Dennoch zufrieden steigen wir wieder ab und sammeln später unser zurückgelassenes Gepäck ein.

Kurz vor dem Gipfel.

Oberhalb des Turtmanntales gehen wir nun nach Norden. Allmählich wird unser Wasser knapp, alle Flüsse die wir queren sind ausgetrocknet und Schnee lässt sich auch keiner mehr finden. Als wir um eine Ecke gehen, nicht mehr einem offiziellen Wanderweg folgend, stehen wir unerwartet vor einem eingefallenen Steinhaus mitten im Steilhang. Bei näherer Untersuchung stellt sich heraus, dass an der Hütte ein alter Bergwerksstollen in den Berg führt.

Verlassene Bergwerkshütten.

Eine alte Grubenbahn.

Ausgerüstet mit einer Taschenlampe startet Max unverzüglich mit der Erkundung desselben. Die Gänge sind überwiegend sehr flach und teilweise eingestürzt. Das Bergwerk ist weit verzweigt, nach der sechsten Abzweigung beginne ich Steinmännchen an jeder Abzweigung zu bauen. Max ist nicht zu bremsen. Plötzlich ist er gar verschwunden, taucht kurz darauf in einer anderen Richtung aber wieder auf. Schließlich finden wir, einer alten Grubenbahn folgend, einen zweiten Ausgang. An diesem befinden sich sogar einige Schneereste, sodass wir uns diesen Platz für später merken. Nachdem weitere im Steilhang erkennbare, aber kürzere Stolleneingänge untersucht worden sind, bringen wird dorthin die Kochsachen. Wir schmelzen einigen Schnee und bereiten zwei Trekkingmahlzeiten zu. Aus dem Stollen heraus hat man einen fantastischen Ausblick auf die umliegenden Berge und den sternenklaren Himmel.

Aussicht aus dem Bergwerk.

Übernachtungsaussicht.

Herbstliches Turtmanntal.

Später suchen wir uns geeignete Schlafplätze im Bergwerk. Ich übernachte direkt am Eingang, direkt unter einem großen Felsen liegend. Nach längerer Betrachtung des Felsen und Ausmalung verschiedener Szenarien, in denen dieser die Verbindung zum umliegenden Gestein verliert, entscheide ich mich schließlich doch draußen vor dem Bergwerk zu schlafen.

Am nächsten Morgen packen wir rasch unsere Rucksäcke und machen uns auf zum Bach in der Talsohle, den man von oben schon hören kann. Dort füllen wir unsere Wasservorräte auf. Dann folgen wir dem Weg nordwärts, durch bunte Herbstwälder aus dem Turtmanntal heraus. Trotz des guten Wetters begegnen wir niemandem. In Oberems (1336m) entscheiden wir uns dann für die bequeme Variante und nehmen eine kleine Seilbahn runter nach Turtmann. Von dort geht es mit dem Zug nach Visp, wo wir uns Schweizer Rösti und einen guten Wein zum Abschied genehmigen. Danach fahren wir mit dem Nachtzug wieder heimwärts.

Ein Kommentar

  • Roland 20. April 2017 Antworten

    Spannende Tour, Bild No 7 ist eine Wucht. Dafür kann man (fast) riskieren, also Höhlenskelett zu enden….

Schreibe einen Kommentar

*